Vorweg die gute Nachricht: Unseren Blick für Glücksmomente und Dankbarkeit können wir trainieren. Dankbarkeit – darunter verstehe ich, positive Aspekte wie Momente des Glücks in unserem Leben zu bemerken und zu schätzen. Lohnt es sich, Dankbarkeit zu lernen und anzuwenden? Welche Wirkung hat es, wenn wir bewusster mit Dankbarkeit und Glück umgehen?
Glück und Dankbarkeit: Wo bist du mit deiner Aufmerksamkeit?
Jeder Mensch entscheidet für sich, was Glück für ihn bedeutet. Wir können unserem Glücksempfinden aber leicht auf die Sprünge helfen. Denn der wichtigste Punkt für das Glück ist unsere Dankbarkeit. Wenn wir uns bewusst machen, wofür wir in unserem Leben dankbar sind, dann richten wir automatisch unsere Aufmerksamkeit auf das, was uns Kraft und Energie schenkt. Im Alltag sehen wir jedoch meist nicht hin, was uns dankbar oder glücklich macht.
Um das zu verdeutlichen, möchte ich kurz die Geschichte von der alten, weisen Frau mit den Glücksbohnen nacherzählen, die in vielen unterschiedlichen Varianten existiert. Die Verfasserin ist meines Wissens leider unbekannt.
Eine Jackentasche voller Glücksmomente
Es war einmal eine sehr alte, weise Frau. Sie verließ ihr Haus nicht, ohne vorher eine Handvoll Bohnen einzustecken. Der einzige Zweck, warum sie die Bohnen mitnahm, war, dass sie die schönen Momente in ihrem Leben besser erinnern wollte. Und immer, wenn sie während des Tages etwas Schönes erlebte, was ihr Freude bereitete und sie für einen Moment glücklich machte, nahm sie eine Bohne aus der rechten Jackentasche und ließ sie in die linke gleiten.
Bald schärfte sich ihr Blick für das Glück. Von Tag zu Tag entdeckte sie mehr Gründe dafür, die Hülsenfrüchte von der linken in die rechte Tasche wandern zu lassen. Die frische Morgenluft, der Duft von frisch gebackenem Brot, der Gesang der Amsel auf dem Dachfirst, ein Moment der Stille, das Lachen von Menschen, das nette Gespräch mit ihrer Nachbarin – bei jeder dieser Freuden ließ sie eine Bohne in die rechte Tasche gleiten. Manchmal wechselten gleich mehrere Bohnen auf einmal die Jackentasche.
Abends saß die weise Frau, bevor sie zu Bett ging, an ihrem Kamin und nahm die Bohnen aus der linken Jackentasche in ihre Hand. Ihr war klar: In jeder einzelnen steckte ein Glücksmoment. Sie genoss diese Minuten und führte sich vor Augen, was sie an diesem Tag Gutes erlebt hatte. Selbst wenn sie nur eine einzige Bohne in der linken Jackentasche fand, wusste sie: Auch diese stand für einen Augenblick des Glücks. Auch dieser Tag war ein glücklicher Tag und es hatte sich gelohnt, dafür zu leben.
Mach dir dein Glas voller Glücksmomente und Dankbarkeit
Das mit den Bohnen ist eine ganz einfache Möglichkeit, deine Dankbarkeit und deine Glücksmomente mehr in den Fokus zu nehmen. Eine andere Möglichkeit ist, dir ein Glücksmomente-Glas zu basteln. Auch das ist gar nicht viel Aufwand.
1. Passendes Gefäß finden: Dafür eignet sich zum Beispiel ein Einmachglas.
2. Das Glas so gestalten wie du es möchtest: Verwende ein Foto oder ein Bild mit einer besonderen Bedeutung für dich, schöne Stoffbänder, ein hübsches Etikett, etc. Ob und wie du dein Glas verzierst, da ist deine Kreativität gefragt. Wie du sehen kannst, ist mein Glücksmomente-Glas gar nicht dekoriert. Ich verwende einfach bunte Zettel. Auf den Inhalt kommt es an!
3. Und dann machst du es im Grunde wie mit den Bohnen, die von einer Tasche in die andere wandern. Du schreibst jeden Tag das, wofür du dankbar bist und was dich glücklich macht, auf einen Zettel, faltest diesen und wirfst ihn ins Glas. Einen Gedanken pro Zettel.
4. Das Aufschreiben hat den Vorteil, dass du dir die Zettel wieder anschauen kannst, wenn du eine Aufmunterung gebrauchen kannst. Du kannst auch ein paar Glücksmomente wahllos aus dem Glas ziehen, wenn du deinen Fokus auf etwas Positives in deinem Leben richten möchtest.
Mach dir am besten gleich dein eigenes Glas voller Glücksmomente und Dankbarkeit und fokussiere mehr auf die positiven Aspekte in deinem Leben: Welche Begegnung oder welcher Moment hat dir heute gutgetan? Wofür bist du dankbar?
Leben dankbare Menschen gesünder?
Die Wirkung von Dankbarkeit und Glück wird in verschiedenen Fachrichtungen wissenschaftlich untersucht. Denn Dankbarkeit, so die Hypothese, könne einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Ich möchte dich motivieren, deine Aufmerksamkeit auf die positiven Aspekte des Lebens zu richten und auf das, wofür du dankbar sein kannst. Das möchte ich nicht mit den schwammigen Aussagen „es werden Glückshormone ausgeschüttet“, „Stress wird abgebaut“, „du erlangst mehr Zufriedenheit“ tun. Vielmehr wenden wir uns kurz ein paar ausgewählten und hoffentlich motivierenden Forschungsergebnissen zu.
Im Bereich der Verhaltenskardiologie werden Zusammenhänge zwischen positiven psychologischen Attributen wie Spiritualität und Dankbarkeit und kardiologischen Erkrankungen untersucht. Paul J. Mills, spezialisiert auf Psychoneuroimmunologie und Psychosomatik, zeigte im Jahr 2015 in einer Studie, dass Dankbarkeit die Herzgesundheit unterstützt. An seiner Studie beteiligten sich 186 Frauen und Männer. Alle litten unter Herzschwäche, bei der sie noch keine körperlichen Symptome spürten. Einige von ihnen führten ein Dankbarkeitstagebuch, wodurch sich ihre körperliche Verfassung verbesserte und eine Verschlechterung der Erkrankung verhindert wurde. Mills führte positive gesundheitliche Effekte auf die Dankbarkeitsinterventionen zurück: „Efforts to increase gratitude may be a treatment for improving well-being in HF patients’ lives and be of potential clinical value.“ (Mills, 2015, S. 5)
In der Korrelationsanalyse wurde Dankbarkeit mit folgendem gesundheitlichen Wohlbefinden assoziiert: besserer Schlaf, weniger depressive Verstimmung, weniger Müdigkeit. Patienten, die mehr Dankbarkeit zeigten, hatten auch geringere Entzündungsraten als die Kontrollgruppe.
Durch Dankbarkeit wirst du auch optimistischer!
In ihrem sehr lesenswerten Spiegel-Artikel von 2016 fasst Stefanie Maeck einige Studienergebnisse zusammen und konstatiert: „Jene, die das Dankbarkeitstagebuch geführt hatten, wiesen bei den psychologischen Befragungen messbar mehr Optimismus auf als die Probanden der anderen beiden Gruppen. Sie fühlten sich vital und verspürten mehr Lebensfreude. Körperliche Symptome wie Bauch- oder Kopfschmerzen, Schwindel oder Muskelverspannungen hatten sich reduziert, sie gingen seltener zum Arzt, schliefen länger und besser. Auch ihre Fitness war besser geworden, und sie trieben messbar mehr Sport als die Vergleichsgruppen.“ Einen wichtigen Einfluss hat dabei vor allem die soziale Seite der Dankbarkeit: „Die Probanden waren dankbar für Dinge, die sie von anderen empfangen hatten. Sie empfanden Dank für externe Umstände und Menschen, die ihr Leben positiv beeinflussten. Und tatsächlich: Bei einer genaueren Befragung der Teilnehmer stellte sich heraus, dass sich die sozialen Bindungen durch die Dankbarkeitsintervention weiter verstärkt hatten, die Dankbaren verbuchten darüber hinaus größere Fortschritte im Bereich Motivation und beim Erreichen wichtiger Ziele.“
Das lässt sich leicht nachvollziehen. Greifen wir einmal den Aspekt des Feierns heraus: Indem du über Positives redest oder schreibst und deine Erfolge feierst, erkennst du sie an. Du wirst dir deiner Begabungen, Talente und Stärken bewusst. Damit blickst du zuversichtlicher in deine Zukunft und bist besser gewappnet für fordernde Zeiten. Eine optimistische Geisteshaltung stärkt dein Selbstbild, schafft Vertrauen und führt zu einer positiven Selbst- und Fremdeinschätzung. Glaube mir, das macht Dein Leben stressfreier!
Na, das klingt doch vielversprechend! Also ran ans Glücksmomente-Glas!
Interesse geweckt? Hier trägst du dich in meinen E-Mail-Verteiler ein. Fragst du dich, ob dir ein Coaching etwas bringen kann? Dann bewerbe dich einfach für ein kostenloses Schnuppercoaching!
Herzliche Grüße aus der Sommergasse in Weinheim, bis bald!
Kathrin Kaschura
Literatur
- Stefanie Maeck (2016). Dankmuskel bitte anspannen. Spiegel Psychologie, 26.12.2016. [abgerufen am 20.07.2020]
- Die Glücksbohnen – Geschichte zum Nachahmen. Netzfrauen. [abgerufen am 06.03.2021]
- Mc Craty, R. et al. (2015). The effects of emotions on short-term power spectrum analysis of heart rate variability. In: The American Journal of Cardiology.2015, Vol. 76, Issue 14, p. 1089–1093.
- Mills, Paul J. et al. (2015). The Role of Gratitude in Spiritual Well-Being in Asymptomatic Heart Failure Patients. Spirituality in Clinical Practice. In: American Psychological Association. 2015, Vol. 2, No. 1, p. 5–17. [abgerufen am 20.07.2020]
- Wood, A. M., Maltby, J., Stewart, N., Linley, P. A., & Joseph, S. (2008). A social-cognitive model of trait and state levels of gratitude. In: Emotion, 8, p. 281– 290.